Klaus Rohwer
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CD-Besprechungen
Hier einige meiner CD-Besprechungen zum Thema (Jazz-)Mundharmonika. Die Originalartikel sind in
der deutschsprachigen Mundharmonika-Zeitschrift Harmonica
Player (HP) und/oder in der Intermusik-Zeitung
erschienen.
- Die Grufty Band: Etwas Jazz
- Lars-Luis Linek: Anything Can Happen
- Sandy Weltman: New World Harmonica Jazz
- Power & Kilkelly: Jig Jazz
- Jens Bunge: Meet You In Chicago
- Pete Pedersen: Some Of These Days & Some Of Those Days
- Franco de Gemini: The Man With The Harmonica
- Olivier Ker Ourio: Oversea
- Jerry Adler: Musical Memories
- Herb Berger: The Bitter End
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HERB BERGER
The Bitter End
C+P Meander Records 2010, ATHF9 MR10A002 LC-05845
Herb Berger - chrom-hca; Christian Wegscheider - p; Alex Meik - b; Stephan Eppinger - dr
The Bitter End - Waltz For F - Aurora - Unter Glas - Keep Cool - Snowbop - Scheinbare Nähe - Blues News - Coming Home
- Strange Days - Comrade Bill - The Bitter End #2
Hätte ich diese CD angehört, ohne zu wissen, wer da spielt - ich hätte auf Toots Thielemans
höchstpersönlich getippt, jedenfalls bei den ersten fünf Titeln. Herb Berger hat Toots offenbar komplett
verinnerlicht; keine Frage, dass er die Mundharmonika virtuos beherrscht. Der in Salzburg geborene Herbert "Herb" Berger,
Jahrgang 1969, der Saxophon, Klarinette und Flöte spielt, komponiert und arrangiert, ist in Österreich längst
kein unbeschriebenes Blatt mehr: er spielte bereits mit so prominenten Musikern wie Ray Charles, Jon Hendricks, Kurt Elling,
Herb Ellis, Ray Anderson, James Morrison, Barbara Dennerlein, Bobby Shew, Jimmy Guiffre und John Hammond. Weil er auch noch
in mehreren Bigbands, an mehreren Theatern und im Fernsehen mitwirkt, gilt er als einer der vielseitigsten Musiker
Österreichs. Er kann auf eine mehr als 20-jährige Karriere zurückblicken und hat sich seit 2006 der
chromatischen Mundharmonika zugewandt. Mit dieser interpretiert er auf der vorliegenden CD zwölf eigene Titel neu.
Schade, dass ich bisher nicht weiß, wie sie mit Saxophon, Klarinette oder Flöte geklungen haben! Der Titelsong,
ein Blues im 6/8-Takt, bezieht sich auf einen New-Yorker Jazzclub und wird am Anfang in voller Besetzung dargeboten, am Ende
der CD dagegen in einer zweiten Version nur mit Mundharmonika und Piano. Überhaupt wechselt die Besetzung zwischen
diesen beiden Polen, nur "Blues News" liegt dazwischen mit der Besetzung Harmonika, Bass und Schlagzeug. Bei jedem Stück
gibt Herb Berger einem seiner Mitmusiker - deren Referenzlisten z. T. sogar länger sind als seine eigene - die
Gelegenheit zu einem Solo, neben dem obligatorischen Mundharmonikasolo natürlich. Außer dem "Waltz For F" gibt es
noch zwei weitere Stücke im 3/4-Takt, allerdings in durchaus unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Ansonsten ist sowohl
Swingendes als auch Rockiges sowie Lateinamerikanisches vertreten, mitunter ist der Rhythmus auch völlig frei.
Eigentlich ist die CD "The Bitter End" damit ziemlich abwechslungsreich ausgestattet, doch es überwiegen tendenziell die
langsameren Stücke und der Eindruck der Melancholie - was ja bei dem Namen auch sein darf. |
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JERRY ADLER
Musical Memories
Karthause-Schmülling Music & Media Publishing Company CD 257-1 und -2
Jerry Adler - chrom-hca;
div. Ensembles und Orchester, namentlich genannt nur Nelson Riddle and His Orchestra und David Rose and His Orchestra;
Dinah Shore - voc
CD1: Fiddler on the Roof Medley - Sunrise, Sunset - Begin the Beguine - Tea for Two - George M. Cohan Medley - Hungarian
Rhapsody No. 2 - Star Dust - Jealous - My Funny Valentine - Fascinating Rhythm - Perfidia - Birth of the Blues - Slaughter on
Tenth Avenue - The Kerry Dancers - Judy Garland Medley - Porgy and Bess Medley - "The Alamo" - The Green Leaves of Summer -
The Little Fugitive - Nikki from "Not a Word Was Spoken" - Moon River;
CD2: Someone to Watch over Me - Georgia - Swanee - Makin' Whoopie - But not for Me - 'S Wonderful - I Want to be Happy - Our
Love Is here to Stay - Black and Blue - Isn't it a Pity - Let's Do it - Rhapsody in Blue - Sugar Blues
Jerry Adler - heißt der nicht Larry? Nein, Larry Adler gibt bzw. gab es auch, aber Jerry ist sein jüngerer Bruder,
und der spielt auch Mundharmonika - immer noch! Oder besser gesagt: wieder, denn die österreichische
Profi-Mundharmonikaspielerin Isabella Krapf hat ihn wieder auf die Bühne geholt - nachdem sie die Schätze aus
seiner Abstellkammer gehoben hatte. Es handelte sich um einen Haufen ungeschnittener Bänder, die sorgfältig
aufbereitet und zu der vorliegenden Doppel-CD verarbeitet wurden. Die Soundtracks und Live-Mitschnitte zeigen: Jerry Adler
hat es verdient, endlich aus dem Schatten seines großen, 2001 verstorbenen Bruders herausgeholt zu werden! Er ist ihm,
dem Berühmteren, mindestens ebenbürtig. Aber die Familienähnlichkeit ist unverkennbar: beide sind wahrhaft
Virtuosen auf ihrem Instrument, und beide sind - für den heutigen Geschmack - arge Effekthascher. Ständig vibriert,
growlt, jault und kreischt die Mundharmonika. Aber beide wurden ja auch von einer Zeit geprägt, in der die
Effekthascherei durch Gruppen wie die Harmonica Rascals geradezu zum Prinzip erhoben war. Bei den jazzigen Stücken, die
auf der zweiten CD versammelt sind, tut sich Jerry auch als Improvisator hervor, nicht sehr viel zwar, aber immerhin. Meist
ist Jerry der einzige Solist und variiert das Thema - wenn überhaupt - nur recht wenig. Leider ist nur ein Stück
auf der CD, das als Jazz im heutigen Sinne durchgehen kann, weil es auch Soli der anderen Bandmitglieder gibt („I Want
to Be Happy"). Zu gerne hätte ich gewusst, wer denn da sonst noch so spielt, aber darüber schweigt sich das
ansonsten recht ausführliche Beiheft aus - vielleicht war es schlicht nicht mehr herauszufinden. Es ist zu hoffen, dass
man in Zukunft noch mehr von Jerry Adler hört! |
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OLIVIER KER OURIO
Oversea
Dreyfus Jazz FDM46050 369122
Oliver Ker Ourio - hca; Sylvain Luc - g, b, Zeitungspapier, Getränkedose, Zimmerschlüssel; André Ceccarelli
- dr; Diego Imbert - b; Manuel Rocheman - p, e-p; Jean-Michel Pilc - p; Louis Winsberg - Sitar, g; Didier Lockwood - vn;
André Minvielle - voc, Maultrommel; Glenn Ferris - tb; Danyel Waro - voc, Kayamb; Laurent Dalleau - Kayamb,
Roulèr; Khalid Kouhen - perc
Panier su la tete, ni chanté - Mangé pou le coeur - Alfie - P'tit Case en Paille - 7 en Septembre - Dimitile
- Îlet à Cordes - Santa Cruz - Le Secret des Longitudes - Petite Fleur Aimée - Maracaibo - Le Roi dans le
Bois - Lost Island - L'île Retrouvée
Der Titel der CD sagt bereits, wo es hingeht. Da sind zum Einen die Bossa Nova und andere südamerikanische und
karibische Rhythmen, die immer wieder vorkommen. Nordamerika ist insofern vertreten, als sowohl ein amerikanischer Musiker,
der in Frankreich lebt (Glenn Ferris), als auch ein französischer Musiker, der in den USA lebt (Jean-Michel Pilc),
beteiligt sind. Zum Anderen geht es aber insbesondere auch immer wieder in den Indischen Ozean, nach Réunion,
wo Olivier Ker Ourio, der jetzt in Frankreich lebt, aufgewachsen ist. Von dort hat er sich Danyel Waro und Laurent Dalleau
mitgebracht, die beide die traditionellen Rhythmusinstrumente Kayamb und Roulér spielen. Waro, in seiner
Heimat bekannt als rebellischer Liedermacher, trägt zwei Gesangstitel bei, und zwar in dem kreolischen Französisch,
das auf La Réunion gesprochen wird. Die Musik dieser Insel, Maloya genannt, weist sowohl afrikanische
und madagassische als auch asiatische Einflüsse auf und hat auch die musikalische Sprache von Olivier Ker Ourio
geprägt. Daneben hat er seinen Toots gründlich studiert - und weiterentwickelt. Bei einem seiner Stücke (von
mehreren im - teilweise gut getarnten - Dreivierteltakt) gibt es als Reverenz an Toots sogar Anklänge an dessen Hit
„Bluesette". Genau die Hälfte der Stücke sind von Ker Ourio selbst komponiert worden, die übrigen
stammen von unterschiedlichen, bis auf Burt Bacharach hierzulande weniger bekannten Komponisten. Die Besetzungen schwanken
bei den verschiedenen Stücken vom Duo bis zum Sextett, was den Sound sehr abwechlungsreich macht. Als Begleiter hat sich
Olivier Ker Ourio hervorragende Musiker ausgesucht, die zum Teil zur Crème der französischen Jazzszene
gehören. Und er drängt sich nicht in den Vordergrund, lässt ihnen genügend Raum, sich zu entfalten.
Interessante Klangeffekte ergeben sich, wenn sich die Mundharmonika im Unisono mit anderen Soloinstrumenten mischt, z. B. mit
der Geige Didier Lockwoods oder der Posaune des atemberaubenden Glenn Ferris. Man könnte diese CD einfach als Weltmusik
einsortieren, aber damit würde man es sich zu einfach machen. Beim ersten Hören bietet sie zwar keine umwerfenden
Neuerungen, aber bei jedem weiteren Anhören wird die subtile Raffinesse der Musik von Olivier Ker Ourio immer
deutlicher. |
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FRANCO DE GEMINI
The Man With The Harmonica
All Score Media 023
Franco De Gemini - chrom-hca, b-hca; Dean Reed - voc; weitere, nicht genannte Musiker, Chorsänger und Orchester
L'uomo dell'armonica - I'm not your pony - Buckaroo seq. 2 - Whisky tango - I pendolari - Cinzia - Beat 700 - Ciao dal
muretto di Alassio - Romantico tramonto - Cos' e l'amore - Cheops and Nefertiti - Salutiamo il sole - Sulla Riviera - Big
News - Black Window - L'uomo dell'armonica (versione disco)
Jedermann denkt beim Thema Filmmusik mit Mundharmonika unweigerlich an "Spiel mir das Lied vom Tod". Viel weniger bekannt
ist, dass es Franco De Gemini war, der die berühmten vier Töne zum Soundtrack eingespielt hat. Dieses Stück
bildet unter seinem italienischen Titel den Anfang und - in einer gemäßigten Diskoversion - den Abschluss der
vorliegenden CD, die laut dem ausführlichen Beiheft nur einen kleinen Querschnitt durch das Werk des Musikers und
Komponisten De Gemini gibt. Die vorgestellten Stücke stammen aus der Zeit zwischen 1967 und 1978, und das merkt man auch
am häufigen Einsatz von Hammond-Orgel und Vocoder. Nur ein Teil stammt aus der Feder von De Gemini. Bei allen
Stücken bis auf eines spielt er Mundharmonika, meist chromatische, bei drei Titeln jedoch Bass-Mundharmonika. Das
einzige Stück, bei dem er nicht Mundharmonika spielt - "Cheops and Nefertiti" - soll angeblich seine (Zitat Beiheft:)
"jazzige Seite beim Komponieren" zeigen, eine Meinung, die ich nicht so recht teilen kann. "Sulla Riviera" gefällt mir
als Jazzfan noch am besten: eine Bossa Nova, zwar auch mit Background-Chor und Vocoder überladen, aber das einzige
Stück, das weite Strecken ohne sein penetrantes Vibrato auskommt. Franco de Gemini ist kein Virtuose. Er spielt eher
lange Töne, und diese sind fast immer mit sehr viel (Hand-)Vibrato und Hall versehen. So wirkt seine Musik denn auch
für meinen Geschmack allzu gefällig - kein Wunder, ist sie doch überwiegend als Produktionsmusik für Film
und Werbung gedacht. |
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PETE PEDERSEN
Some Of These Days & Some Of Those Days
Pete Pedersen - hca; René Koopman, Steve Smith, Doyle Neumeyer - p; Tim Goodwin, Kim Brandt, Earl Thomas - b; Tom
Lenardo, Gary Burman - dr; Reni Simon - voc
Some of These Days - Opus One - Unforgettable - An American In Paris - Cheek To Cheek/Take 2 - Pete's Waltz/Waltz Of The
Flowers - Wind Beneath My Wings - La Corrida del Toro/Test Piece #2 - Latin Quarter Revisited - Pictures Of A Woman/Test
Piece #1 - Song Of India - It's Beginning To Look A Lot Like Christmas - For You For Me For Evermore - Cheek To Cheek/Take
1
Um es gleich vorweg zu sagen: ich mag Pete Pedersens Ton nicht. Er ist mir zu schrill. Pete spielt mir zu obertonreich und zu
oft im hohen Register. Unbestritten ist, dass Pete Pedersen ein großer Virtuose ist. Die CD ist etwas verwirrend: Das
erste Stück nutzt Pete nur als Hintergrundmusik, während er etwas länglich erzählt, wie er zur
Mundharmonika, zur Bekanntschaft mit Jerry Murad und zu Borrah Minevitch's Harmonica Rascals kam - und wie diese Platte
entstand: erst musste das Keyboard und der Computer erfunden werden, bevor er sie als One-Man-Band aufnehmen konnte. Aber
wieso stehen dann noch Pianisten, Bassisten, Drummer und eine Sängerin auf der Besetzungsliste in den etwas dünn
geratenen liner notes? Die Lösung ist wohl: einige Stücke - ich konnte allerdings nur eines zweifelsfrei
identifizieren - sind mit menschlichen Mitspielern aufgenommen, die meisten aber mit MIDI-Keyboard und Computer, wobei Pete
sich teilweise auch selbst auf einer weiteren Mundharmonika begleitet. Für meine Ohren taugt das allenfalls als
Notlösung. Stilistisch gesehen kommen neben Jazz auch Pop und (verpoppte) Klassik vor. Mein Urteil:
Geschmackssache. |
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JENS BUNGE
Meet You In Chicago
J4E4749
Jens Bunge - hca; Thomas Guenther - p; Michael Arnopol - b; Rusty Jones dr; special guests: Jackie Allen - voc; Judy Roberts
- p, voc; Greg Fishman - ts; Diane Delin - vln; Joe Pardon - perc.
Morning Song - Emily - Invitation - Skylark - The Loop - The Summer Knows - Hurry Up! - Virginia - Elsa - What A
Difference A Day Made - Meet You In Chicago - Chan's Song
Über diese Platte kann man eigentlich wenig sagen: sie ist einfach gut. Nichts aufregend Neues zwar - aber was kann man
erwarten von einer Besetzung, die nie vorher zusammen gespielt hat, ins Studio geht und aufnimmt? Diese schöne Musik ist
mehr als man erwarten kann! Beinahe überflüssig zu erwähnen, dass Jens Bunge auf der chromatischen
Mundharmonika einen sehr schönen Ton hat und mal wieder sehr virtuos spielt, ohne seinen Mitspielern die Schau zu
stehlen, Mitspieler, die allesamt großartige Musiker sind und das hier auch zeigen können. Zwar kenne ich Chicago
nicht selbst, aber wie in den recht umfangreichen liner notes beschrieben, nehmen erwartungsgemäß einige
Titel bezug auf die Windy City. Die Mischung ist abwechslungsreich gewählt: Ein paar Eigenkompositionen von
Bunge, eine von Guenther, ansonsten Standards - auch ein paar nicht so bekannte. Einige Stücke mit Gesang - die lassen
mich an Toots Thielemans und Shirley Horn denken - eins nur im Duo mit dem Bass, eines in der ungewöhnlichen Kombination
von Mundharmonika, Saxophon, Violine und Percussion. Mein Urteil: empfehlenswert. |
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POWER & KILKELLY
Jig Jazz
KKCD 001
Brendan Power - hca, voc; Frank Kilkelly - git, voc
The Drunken Landlady / The Wind that Shakes the Barley / John Stenson's - The Tip of the Iceberg / The Tonguetwister -
Paddy Clancy's Jig / Moyasta Junction / The Connachtman's Ramble - Lorraine's Dream - Mary and the Soldier / Caliope House -
Crowley's Reel / The Jolly Beggerman - Hakanoa Hideaway - Dawn to Dusk - The Chopped Onion Blues - Jig Jazz - Swamp Funk
Thing - My Lagan Love
Für HP-Leser und die Besucher des World Harmonica Festivals 1997 ist Brendan Power längst ein Begriff
für irische Volksmusik, virtuos auf diatonischen und chromatischen Mundharmonikas gespielt, als sei es das
Selbstverständlichste auf der Welt.
"Jig Jazz" - heißt das etwa, dass Power jetzt auch jazzt? Wer das erwartet hatte, wird enttäuscht - aber mit
hervorragender, überwiegend irischer Musik entschädigt. Zwar swingt es manchmal etwas mehr, als irische Jigs es eh'
schon tun, besonders im zweiten und im zweitletzten Stück, und selbstverständlich improvisiert Power auch
gelegentlich, aber dennnoch will sich bei mir das feeling von Jazz im eigentlichen Sinne nicht einstellen, auch nicht
bei der Titelnummer. Dagegen macht der "Chopped Onion Blues" seinem Namen alle Ehre - doch der wird hauptsächlich vom
Gitarristen getragen. Kilkelly erweist sich dagegen in "Crowley's Reel / The Jolly Beggerman" leider als weniger jazzig denn
Chris Newman auf der früheren CD "New Irish Harmonica".
Wie auf dieser Platte gibt es wieder zahlreiche Medleys irischer traditionals. Einige sind sogar die gleichen, doch
alle sind von den beiden Musikern neu arrangiert worden, und durch die Duobesetzung erhalten sie eine leicht andere Note.
Insgesamt ist die CD "Jig Jazz" abwechslungsreicher als die frühere. Etwas schade finde ich, dass die liner notes
diesmal nicht so ausführlich ausgefallen sind.
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SANDY WELTMAN WITH THE CAROLBETH TRIO
New World Harmonica Jazz
Wildstone Audio
Sandy Weltman - hm, bj; Carolbeth True - p; Glen Smith - b; Kevin Gianino - dr; special guests: Brian Casserly - tp; Dave
Black - g
There Will Never Be Another You - West End Blues - Slipped Disc - Waltz for Elisabeth - Groovin' High - 'Round Midnight -
Sidewinder - Dubrovnik - Triste - Spain - Simple Waltz
Man kennt die Technik des Overbendings von Howard Levy, doch Sandy Weltman spielt damit nichts Avandgardistisches, sondern
Jazz-Standards - aber wie! Welche Sounds er der diatonischen Mundharmonika da entlockt, das hat mich überrascht und
beeindruckt: im ersten Stück zum Beispiel meint man eine Geige zu hören, und im zweiten scheint es eine Posaune mit
Dämpfer zu sein, die kräftige Wah-Wahs produziert. Das passt hervorragend zu diesem Louis-Armstrong-Titel und
beweist, dass man auf diese Weise sogar traditionellen Jazz auf der Harp spielen kann, ohne dass es abwegig klingt. Ansonsten
handelt es sich bei den Stücken aber keineswegs um Dixieland, sondern um Swing und Modernen Jazz aller Spielarten wie
Bebop, Cool Jazz, Jazzrock, Latin und Weltmusik. Zwei der Stücke sind Eigenkompositionen von Weltman, eins ist vom
Bassisten. Die Arrangements sind teilweise ziemlich ausgefuchst und erweisen sein hohes Können. Natürlich steht der
Bläser in einem Jazz-Quartett im Vordergrund, doch Weltman lässt seinen exzellenten Mitmusikern - hervorzuheben ist
insbesondere Carolbeth True am Piano - viel Raum für eigenen Ausdruck, nimmt sich aber auch gekonnt einige musikalische
Freiheiten. Gesamturteil: Nichts für Avantgarde-Puristen, sondern sehr abwechslungsreich dargebotener Jazz, der auch
jedem anderen Instrumentalisten alle Ehre machen würde. Es wird deutlich, dass der Harp auch im Jazz keine Grenzen
gesetzt sind.
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LARS-LUIS LINEK
Anything Can Happen (2 CDs)
Pastels/The International Music Company (Hamburg)/20.1799-PA
Lars-Luis Linek - jazz and blues harmonica, voc, steel drums; Hannes Hoffmann - dr; Thomas Jahnke - b, e-b; Corinna Ludzuweit
- perc; Rainer Donandt - e-g; Guests: Herb Geller - as, ss; Wolfgang Schlüter - vib; Martin Carbow - hammond organ, e-p;
Claus "Dixi" Diercks - voc, blues harp; Tom Shaka - voc, g; Abi Wallenstein - slide guitar; Nils Tuxen - pedal steel guitar,
dobro; Holger Wendt - g; Floy - voc; Arno Dähne - chromatic harmonica; Dr. Jens-Luis Linek - ts, ss; Heidi Minke - as;
Los Satélites: Pierre Giménez - voc, g; Rafa Moya - e-g; Tomi Lopez -dr; Juanjo Sanchez - keys; Hector Volpe
o'Neill - b
CD I: Larry Love Sherry - Toots Bops - Sleepy Samba - Schnuller's Shuffle - Howard's Ballad - Albufera De Alicante -
Pepe's Swing - Downtown Bluesclub - She's My Queen - Hollow Log Blues - Train, Train, Train - Röög Di - Alabama -
Blues And Booze - Railway Ride - Room To Groove - Hotcha Blues - Adolfo - Pierre And His Iron Horse - Ballad For My
Grandfather - Mc Coy The Country Boy - Wild Turkey
CD II: Doc Hancock - Miles Smiles - Impressions - Tabarca Island - Minor Incident - Venga Vamonos - Wayne's Brains
- Getting Nervous - Hamburg - Paco El Curandero - Big City Life - Manolo Y Los Dos Capitanes - Boogie Boom - In The Evening -
Gipsy Queen - Looking For A Woman - Imagination - I Gotta Go
Der Name ist Programm: es kann wirklich alles dabei herauskommen, wenn Lars-Luis Linek komponiert - alle Stücke auf
diesen beiden CDs sind aus seiner Feder und von ihm arrangiert, (einige unter Beteiligung seiner Mitmusiker) und
natürlich von ihm gespielt bzw. gesungen! Es ist gewissermaßen ein Demo-Album, was dieser Mann alles drauf hat.
Das beginnt beim Jazz, geht über Blues und Country und wieder Jazz und Reggae und Boogie bis zum... Blues! Denn da kommt
LLL her, und dahin zieht es ihn immer wieder hin. Er spielt nie die chromatische, auch beim Jazz nicht, sondern immer die
Bluesharp - aber die mit allen bendings und overblows in absoluter Perfektion. Fast überflüssig zu
erwähnen, dass die Scheiben vom ersten Takt an swingen und bis zum letzten grooven.
Bei Leuten, die dermaßen vielseitig sind, besteht immer die Gefahr, dass sie zwar alle möglichen Musiker
nachmachen können, aber keinen eigenen Stil haben. Das trifft auf LLL nicht zu. Ein bei ihm auffällig häufig
eingesetztes Stilmittel sind Tremolos und Tremolandos, was mir persönlich allerdings nicht so gut gefällt -
Geschmackssache.
Unter den Mitspielern, die LLL sich gesucht hat, sind zwei ganz große alte Herren der internationalen Jazzszene: Herb
Geller am Saxophon und Wolfgang Schlüter am Vibraphon, fürwahr ein Genuß! Auch die anderen Solisten und
Formationen, die mitwirken, sind durchweg große Klasse. Die liner notes sind sehr ausführlich und lassen
nichts zu wünschen übrig. Leider war bei der Promo-CD, die ich erhalten habe, bei CD II der rechte Kanal schlicht
nicht vorhanden, so dass ich sie in Mono genießen musste - ich hoffe, dass das nicht immer so ist!
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DIE GRUFTY BAND
Etwas Jazz
Eigenverlag
Christopher Varner - tba, tb, p, Couch [sic!]; Ev - voc (Gast); Ebus - harmonica; Helgi - tb; Rolf - p; Butz - ss,
voc; Wolf - bj
Royal Garden Blues - Basin Street Blues - All of Me - Misty - Aida - Bourbon Street Parade - White Cliffs of Dover - Who's
Sorry Now - Muskrat Ramble - Petite Fleur - Tin Roof Blues - Käsekuchen
"Wir haben wieder zugeschlagen, keine Strapazen gescheut, haben allen ärzlichen Warnungen getrotzt, haben unser Letztes
gegeben...", so steht es auf der Rückseite der CD, und gleich daneben die Titel, die schon ahnen lassen, wo es langgeht,
in Richtung Traditioneller Jazz nämlich. Die Ahnung wird zur Gewissheit, wenn man die Hülle öffnet und auf der
Innenseite die Grufty-Band abgebildet sieht: Tuba und Banjo - das kann nur Dixieland werden! Dass da auch eine Mundharmonika
dabei ist - gespielt von 'Ebus' Eberhard Dürr - ist gewissermaßen ein Kuriosum, wäre da nicht 'Misty' - als
harmonica feature im Duo mit dem Piano sehr gut gewählt, handelt es sich doch ausnahmsweise um eine
Cool-Jazz-Ballade.
Die Grufty-Band - das sind (fast?) alles ältere Herrschaften, die offenbar mit viel Spaß bei der Sache sind. Der
'Coach' Christoph Varner ist wohl - wenn überhaupt - der einzige Profi in der Gruppe, denn manchmal groovt es doch eher
etwas schwerfällig, und bei einigen Soli merkt man, dass die Musikanten zwar sehr konzentriert, aber ein wenig zaghaft
spielen. Das trifft leider auch auf die Mundharmonika zu: Mehr Mut, Ebus! (Ich weiß, das sagt sich so leicht... ) Von
liner notes kann leider überhaupt nicht die Rede sein, und so lernt man die Musiker nur mit ihren Vornamen
(Spitznamen? Künstlernamen?) kennen; ich hätte gerne mehr über die Grufties erfahren. Jedenfalls ist diese CD
eine Ermutigung für alle, die mit Jazzmachen anfangen wollen, denn: aller Anfang ist schwer. Weiter so, Grufties!
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